Als Streuobstwiesen werden vom Menschen angelegte Kulturlandschaften bezeichnet, die hochstämmigen Obstbau mit Grünflächen, Garten- und/oder Ackerbau vereinen. Sie werden von Landwirten oder Privatpersonen bewirtschaftet, wobei auf den Einsatz von mineralischen Düngemitteln, Pflanzenschutzmitteln oder Herbiziden verzichtet wird. Schätzungen zufolge zählen zum Streuobstbestand in Deutschland rund 300.000 Hektar. Häufig zu finden sind beliebte und robuste Obstsorten wie Äpfel oder Birnen sowie Kirsch-, Pflaumen- und Nussbäume.
Im Gegensatz zum bereits am Boden liegenden Fallobst muss Streuobst vom Baum gepflückt werden und ist dann auch zum direkten Verzehr geeignet. Beides kann zudem zur Herstellung von Säften, Marmelade bzw. Gelee, Obstbränden sowie Dörrobst und Kuchen verwendet werden.
Ökologische Bedeutung von Streuobstwiesen
Streuobstwiesen leisten einen wichtigen Beitrag zum Erhalt der Biodiversität. Als Biotope bieten sie zahlreichen Insekten-, Reptilien- und Vogelarten Lebensraum und Nahrung. Bedrohte und seltene Tierarten, wie die Wildbiene oder die Zauneidechse, finden hier Schutz. Auch seltene Obstsorten, die im Plantagenanbau keine Beachtung finden, bleiben dank der Streuobstwiesen für die Nachwelt erhalten.
Die Wiesen dienen landwirtschaftlichen Betrieben als Weideflächen für Schafe, Ziegen oder Pferde sowie als Heulieferant für Tierfutter. Besucher profitieren zudem von einem Erholungsort in der Natur sowie der köstlichen Vielfalt an heimischem Obst, Nüssen, Kräutern und Früchten.
2021 wurde der Streuobstanbau ins bundesweite Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes der UNESCO aufgenommen.
Darum sind unsere Streuobstwiesen bedroht
Wie Verbände und Experten warnen, ist das Fortbestehen der Streuobstwiesen hierzulande jedoch gefährdet. Ein Grund dafür sind natürliche Bedrohungen, wie die Trockenheit durch den Klimawandel oder Schädlinge.
Ein anderer Aspekt ist die fehlende Pflege – weil die Besitzer vielerorts überaltern oder aufgrund der schlechten Wirtschaftlichkeit der Flächen. Schließlich kommt es immer wieder auch zu Flächenumnutzungen, indem Unternehmen die Wiesen aufkaufen und bebauen lassen.
Pflege einer Streuobstwiese
Zur Pflege einer Streuobstwiese gehören neben dem Bewässern bei Trockenheit und dem Baum- sowie Wiesenbeschnitt auch die Neubepflanzung und Kontrolle auf Schädlinge. Eine weitere Aufgabe ist die Ernte im Sommer bzw. Herbst.
Übrigens: Anbau und Pflege von Streuobstwiesen wird unter bestimmten Voraussetzungen gefördert. Hier lohnt es, sich zu informieren.
Was kann man für den Schutz und Erhalt der Streuobstwiesen tun?
Auch als Einzelner kann man zum Schutz und Erhalt der Streuobstwiesen beitragen. Eine einfache Möglichkeit ist der Kauf von regionalem Streuobst oder Streuobstprodukten, zum Beispiel im Hofladen oder auf dem Wochenmarkt.
Für alle, die nicht selbst eine Streuobstwiese anlegen bzw. pachten können oder möchten, bieten Streuobstinitiativen vor Ort zudem sogenannte Baumpatenschaften an. Mit einem einmaligen Betrag unterstützt man Neupflanzung und Pflege und erhält dafür meist auch eine Kostprobe vom Streuobstsaft.
Wenn Landwirte Streuobstwiesen anlegen und/oder pflegen, tragen sie damit zum Erhalt der heimischen Artenvielfalt bei. Zugleich bedeutet dies für sie einen zusätzlichen Arbeitsaufwand ohne viel Gewinn. Wir haben mit zwei Landwirten gesprochen, wie die Bewirtschaftung aussieht und welche Vor- und Nachteile die Streuobstwiesen mit sich bringen.
Herr Becker, warum bewirtschaften Sie Streuobstwiesen?
MB: Streuobstwiesen sind seit Jahrhunderten gewachsene Strukturen, die wir auch für die Zukunft erhalten möchten. Und die Bewirtschaftung macht ja auch Spaß – man macht das ja nicht alleine, man macht das im Familienverband.
Welche Obstsorten wachsen auf Ihren Streuobstwiesen?
MB: Auf unseren Wiesen finden sich viele alte Sorten, aber auch einige neue. Für jeden alten, abgestorbenen Baum wird ein neuer gepflanzt – dafür nutzen wir dann sowohl alte als auch neue Sorten.
Wie läuft die Pflege?
MB: Die Pflege erfolgt in einem vier- bis fünfjährigem Rhythmus. Wir erhalten dafür Förderung vom Kreis Wesel, die auch die Bewirtschaftung unter der Obstweise, also das Grünland, mit einbezieht.
Verarbeiten Sie das Obst selbst?
MB: Das Obst verzehren wir größtenteils selbst. In Hauptsaison wird ein Teil aber auch vermarktet. Dafür arbeiten wir mit einer hier ansässigen Obstkelterei zusammen, die unsere Äpfel, Birnen und Marillen zum Beispiel als Säfte verarbeitet.
Herr Jungmichel, welche Obstsorten finden sich auf Ihren Streuobstwiesen?
GJ: Auf unseren vier Streuobstwiesen finden sich hauptsächlich Kirschbäume. Eine Wiese ist gepachtet, die anderen wurden in den letzten Jahren im Rahmen von Flächenkäufen mit Ackerland und Grünland gemeinsam gekauft. Wir selbst nutzen die Bäume jedoch nicht. Um die Wiesenpflege kümmern sich unsere Pferde, Schafe und Ziegen.
Was sind die Gründe für die Nichtnutzung der Bäume?
GJ: Zum einen haben wir keine Verwendung für die Kirschen – Obstanbau gehört nicht zu unserem Geschäftsgebiet. Darum haben wir auch keine Vermarktungskanäle. Ganz abgesehen von den hohen Ansprüchen der Verbraucher an Obst und der Preiskonkurrenz der Supermarktware.
Viel entscheidender aber sind die personellen Ressourcen. Unsere Streuobstwiesen umfassen ca. zehn Hektar, der Pflegebedarf ist hoch. Das können wir einfach nicht leisten.
Welche Vor- und Nachteile haben die Streuobstwiesen somit für Sie?
GJ: Ein großer Vorteil ist natürlich die Biodiversität. Gerade in der Blütezeit summt und brummt es auf den Wiesen. Und auch optisch sind sie eine Pracht.
Das war es dann aber auch schon mit den Vorteilen. Wirtschaftlich bringen uns die Streuobstwiesen nur Kosten, aber keinen Ertrag. Und dann ist es wie bei allen Dingen – es steht und fällt damit, ob eine Nutzung vorhanden ist, denn nur dann gibt es auch ein Interesse an ihrem Erhalt.
Vielen Dank für das Gespräch!
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