Interview mit Simone Hartmann, Geschäftsführerin der TZG Ernstroda GmbH aus dem Landkreis Gotha in Thüringen
Erfurt, 8. April 2020. In der Corona-Krise ist die Versorgung mit Lebensmitteln wieder stärker ins Bewusstsein vieler Menschen gerückt. Durch Ausgangsbeschränkungen, die das Infektionsrisiko senken sollen, übernehmen Hofläden in den Dörfern und kleinen Gemeinden jetzt eine besondere Funktion als Nahversorger. Bei der TZG Ernstroda hat man mit einem neuen Lieferdienst den Service erweitert. Darüber und wie das Unternehmen mit der Corona-Krise umgeht, spricht Geschäftsführerin Simone Hartmann im Interview.
Frau Hartmann, sie sind Geschäftsführerin der TZG Ernstroda, einem Landwirtschaftsbetrieb mit 65 Mitarbeitern im Landkreis Gotha, der 3.100 Hektar Fläche bewirtschaftet, Rinder hält und Fleisch und Wurst direkt an Verbraucherinnen und Verbraucher verkauft. Wie erleben Sie diese Zeit?
„Wir erleben eine große Unsicherheit bezüglich Corona, jeden Tag neue Informationen und Vorgaben, die im beruflichen und privaten Bereich greifen und unsere tägliche Arbeit einschränken. Ich hoffe, wir können in wenigen Wochen zu einem normalen Rhythmus zurückkehren und alle Mitarbeiter sind gesund geblieben.“
Bei den bestehenden Kontaktbeschränkungen gewinnt der Hofladen im Ort als Nahversorger eine größere Bedeutung. Merken Sie, dass der Zuspruch größer geworden ist?
„Nach einem kurzen Zwischenhoch in der Woche vor den Ausgangsbeschränkungen hat sich unser Umsatz wieder normalisiert, wir merken, dass unsere Kunden weniger oft kommen, dafür aber mehr einkaufen. Interessant ist auch, dass viele jetzt am Vormittag kommen und der Bauernmarkt am Nachmittag leerer ist. Das wird diese Woche aber wahrscheinlich wieder anders sein – wir haben ja auch noch Ostern! Das wird nochmal anstrengend für unser Verkaufspersonal.“
Welche Schutzmaßnahmen haben Sie um Hofladen, aber auch im Betrieb selbst eingeführt, um die Ansteckungsgefahr zu reduzieren?
„Bei uns dürfen nur noch fünf Kunden auf einmal im Laden einkaufen und jeder darf nur mit Einkaufswagen in den Bauernmarkt, zusätzlich haben wir noch Desinfektionsmittel platziert – hier kann sich jeder Kunde bedienen. Daneben haben wir noch über der Theke und über der Kasse Plexiglasscheiben befestigt.“
Zusätzlich zu ihrem Online-Shop bieten Sie seit wenigen Tagen auch einen Lieferservice für Lebensmittel an. Welche Waren liefern Sie aus?
„Wir liefern in einem Umkreis von ca. zehn Kilometern unser normales Fleisch- und Wurstsortiment, aber auch regionale Spezialitäten von anderen Thüringer Erzeugern mit aus. Das sind z.B. Eier und Nudeln aus Dermbach, Milch und Butter aus Schwarza und Kartoffeln aus Warza. In dieser Situation möchten wir der Bevölkerung auch zeigen wie wichtig die regionale Produktion von Lebensmitteln ist.“
Wer kann sich durch diesen neuen Service Lebensmittel liefern lassen?
„Wir sind offen für alle. Vor allen Dingen Senioren freuen sich sehr, dass wir diesen Service jetzt anbieten.“
Wollen Sie den Lieferservice auch nach der Coronakrise beibehalten?
„Das werden wir prüfen, mal schauen wie die Nachfrage sich nach Ostern entwickelt.“
Wie hat sich die Nachfrage im Online-Shop in den letzten Wochen entwickelt?
„Die ist erstaunlicherweise relativ gleichgeblieben.“
Was bereitet Ihnen derzeit die größten Sorgen?
„Große Sorgen machen wir uns natürlich wegen Corona, wann haben wir das Gröbste überstanden, wann geht unser Leben und die Arbeit wieder normal weiter? Aufgrund der Krise sind auch die Erzeugerpreise für Fleisch gesunken, wir vermarkten zwar einiges selbst, aber natürlich nicht alles. Auf unserem vielen Grünland können wir aber nur durch die Verwertung durch den Rindermagen Geld verdienen. Nach zwei Jahren Trockenheit steht unser Grünland eh schon bescheiden da, momentan ist es wieder sehr trocken – ich kann nur hoffen, dass es bald wieder regnet.“
Und worüber freuen Sie sich gerade am meisten?
„Am meisten freue ich mich, dass alle Mitarbeiter gesund sind und wir gemeinsam die Krise bisher sehr gut bewältigt haben. Für unsere Verkäuferinnen ist es momentan ein Kraftakt – dafür möchte ich mich auch herzlich bedanken.
Persönlich freue ich mich jetzt auf ein paar ruhige Tage zu Hause mit der Familie.“
© Foto: Heimische Landwirtschaft/TZG Ernstroda
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