Sylvia Gengelbach und Marcus Blaufuß stellen gemeinsam mit dem Team im Landgut Weimar die Milchherstellung von konventionell auf biologisch um.
Wie ein konventioneller Milchviehbetrieb ökologisch wird
Kaufen Sie regelmäßig Bio-Lebensmittel? Dann gehören Sie zu der großen Mehrheit der Deutschen, die das ebenfalls tun. Ganze 90 Prozent greifen mindestens gelegentlich zur Bio-Ware, wie das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft in einer Studie herausfand. Nur neun Prozent der Befragten gaben an, niemals biologisch erzeugte Nahrungsmittel zu kaufen. Vor allem Gemüse, Obst und Eier aus dem Bio-Segment sind bei Verbraucherinnen und Verbrauchern beliebt. Zwar ist der Anteil der ökologisch hergestellten Produkte am Gesamtumsatz mit Lebensmitteln in Deutschland mit 5,68 Prozent relativ gering, jedoch stieg der Umsatz in den letzten zehn Jahren kontinuierlich auf fast zwölf Milliarden Euro im Jahr 2019.
Und auch immer mehr Landwirtschaftsbetriebe arbeiten nach den Grundsätzen des ökologischen Landbaus. Laut Zahlen des Thünen-Instituts werden neun Prozent der Ackerfläche hierzulande biologisch bewirtschaftet. Zwölf Prozent aller Landwirtschaftsbetriebe sind reine Bio-Erzeuger.
Doch bevor aus einem konventionell wirtschaftenden Hof ein Öko-Betrieb wird, muss ein aufwendiger Umstellungsprozess durchlaufen werden. Mitten in dieser Phase steckt momentan die Landgut Weimar eG, ein genossenschaftliches Unternehmen aus Holzdorf in der Nähe der Klassikerstadt in Thüringen. Der Betrieb mit seinen 13 Beschäftigten baut vor allem Getreide an, hat jedoch auch eine Herde mit Milchkühen. Mit nur 120 Tieren ist diese, verglichen mit anderen Betrieben in der Region, recht klein. Ställe mit bis zu über 1.000 Tieren sind hier keine Seltenheit.
Zuletzt wurde es immer komplizierter, die Milcherzeugung annähernd wirtschaftlich zu betreiben. „Wir hatten zwei Optionen: Entweder wir schließen die Milchproduktion und werden ein reiner Ackerbaubetrieb. Oder wir versuchen die Vermarktung unserer Milch im Bio-Bereich“, sagt Sylvia Gengelbach, Vorstandsvorsitzende der Landgut Weimar eG. Weil der Landwirtschaftsbetrieb nach dem System der Kreislaufwirtschaft betrieben werden soll und die Tierhaltung hier dazu gehört, hat man sich im Landgut Weimar für den zweiten, deutlich schwierigeren Weg entschieden. Denn die konventionelle Milchherstellung auf eine ökologische umzustellen, gelingt nicht von heute auf morgen.
So muss beispielsweise der erst im Jahr 2013 gebaute Kuhstall so verändert werden, dass die Tiere jederzeit Zugang zur Weide haben. „Sobald es die Witterung zulässt, wollen wir die Kühe ab dem nächsten Jahr nach draußen lassen“, so die Vorstandsvorsitzende. „Wir wollen auch versuchen, die Kälber in Zukunft bei den Muttertieren zu lassen“, ergänzt sie.
Das Futter für die Tiere soll natürlich nach Öko-Kriterien im eigenen Unternehmen angebaut werden. Für den Pflanzenbauer Marcus Blaufuß heißt das, auf einem Teil der Flächen nur noch zertifiziertes Bio-Saatgut zu nutzen, keine Pflanzenschutzmittel einzusetzen und ein paar Regeln beim Anbau zu beachten: „Wir legen die Saatkörner für die Getreidesorten jetzt doppelt so tief ab und bearbeiten die Flächen mit einem so genannten Striegel, um möglichst wenig Unkraut auf dem Feld zu haben“, so Blaufuß, der auch Vorstandsmitglied in der Landgut Weimar eG ist. Das Stroh für den Stallbereich wird nur aus biologischem Anbau kommen und soll in Zukunft im Betrieb selbst erzeugt werden.
Bis zur ersten Bio-Milch aus Holzdorf wird es also noch ein wenig dauern. Voraussichtlich im November 2021 soll es soweit sein. Vermarktet wird sie durch die Genossenschaftsmolkerei Herzgut in Schwarza. Darüber hinaus gibt es auch Pläne für den direkten Verkauf ab Hof.
An der konventionellen Bewirtschaftung will man im Landgut Weimar aber weiterhin festhalten. Zumindest vorerst. „Man darf sich nicht verzetteln und muss Schritt für Schritt vorgehen“, sagt Sylvia Gengelbach. Wichtigstes Kriterium für eine solche Entscheidung sei die Frage der Wirtschaftlichkeit. Wie viel Wertschöpfung durch das neue Bio-Segment geschaffen werden können? Das sei momentan noch nicht absehbar, so Sylvia Gengelbach und formuliert die vorsichtige Hoffnung: „Wir werden aus einem großen Minus vielleicht ein kleines Minus machen.“
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